Der Gejagte – Jan Ulrich auf Amazon Prime

Da hat Amazon Prime ja mal so richtig einen rausgehauen, eine exklusive vierteilige Serie mit und über Jan Ulrich. Er selbst, seine Familie, Freunde und weitere Wegbegleiter kommen ausführlich zu Wort.

Amazon Prime hat mit dieser Serie viel richtig gemacht, ich zähle einmal mehrere Pluspunkte aus. Erstens: die Aufteilung in vier Teile macht richtig Sinn, im ersten Teil geht es überwiegend um den Aufstieg von Jan Ulrich, vom Schüler zum Radrennfahrer, im zweiten Teil dann um seinen Sieg bei der Tour de France, im dritten Teil dann seine Zeit als „Gejagter“ und seinen vergeblichen Versuchen, den Tour-Sieg zu wiederholen. Der vierte Teil setzt sich dann mit seinem Absturz und seinem Drogen- und Alkoholkonsum auseinander. Dennoch sind diese Teile immer mit Schnipseln aus anderen Stationen seines Lebens gespickt.

Der nächste große Pluspunkt sind die vielen externen Interviewpartner, angefangen vom Jugendtrainer über seine Brüder, Freunde und ehemaligen Konkurrenten. Lance Armstrong, sein großer Gegenspieler und selbst Doping-Sünder kommt ausführlich zu Wort. So erzählt er ganz ausführlich, wie sein Team das Team Telekom auf einer schweren Etappe durch Psychospielchen austricksen konnte. Als es um die Wurst ging, war Team Telekom ausgepowert und sein Schnellzug fuhr allen davon. Auch der große Bruder hat viel zum Thema beizutragen.

Und der nächste fette Pluspunkt geht an die Randgeschichte, in die alles eingewoben wird. Eine „Retour“ führt Jan Ulrich auf dem Rad an seine vielen Stationen von früher zurück, zurück in die Vergangenheit und damit, das ist das weitere Klebstoffthema natürlich zum Thema Doping. Oder war es doch „nur“ Leistungssteigerung“ um mit den anderen, die das ja auch machten, mitzuhalten? Diese Retour führt ihn an so manchen Berg in den Alpen und Pyrenäen, dahin, wo er seine Triumphe feierte und seine Niederlagen -unvergessen die gegen Pantini 1998. Da kriecht er heute im niedrigen Gang langsam diese gemeinen Steigungen herauf und es werden parallel die Originalaufahmen von damals hineingeschnitten. Sehr geschickt, sehr einprägsam.

Und zum Thema Doping und dem Umgang der Medien mit Jan Ulrich wird dargestellt, was er aushalten musste, ER und sonst so gut wie niemand! Zumindest hier in Deutschland und ganz eindeutig im Team Telekom. Das war mir z.B. damals gar nicht bewusst.

Gibt es denn überhaupt etwas zu kritisieren? Das liegt wohl stark im Auge des Betrachters. Ich beginne mit der Retour, die anfangs dargestellt wird, als sei es der Jakobsweg. Etwas dick aufgetragen, nach meiner Meinung. Naja und das Thema Doping wird deutlich relativiert, andererseits wurde es vielleicht tatsächlich in der Medienlandschaft viel zu breitgetreten. Immerhin kommen ganz am Ende des vierten Teiles endlich die Worte, auf die wir alle schon so lange gewartet haben. Spät? Zu spät? Wie oben erwähnt: das liegt im Auge des Betrachters.

Zum Schluss noch ein weiterer Pluspunkt: Alles Gesagte und Gezeigte ist außerordentlich glaubwürdig, inklusive seiner Ausraster im Drogenrausch.

Ich kann diese Serie nur jedem empfehlen, damit hätte ich anfangs beim Schauen selbst nicht gerechnet.

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